Going the Distance: Die richtige Vorbereitung macht alles einfacher

09 September 2022・story
Going the Distance: Die richtige Vorbereitung macht alles einfacher

Etwas vom Schönsten, was ein Bike bietet, ist Freiheit. Zu fahren, wohin Du willst. Deine körperlichen und geistigen Grenzen zu erweitern. Die Serie «Going the distance» soll Dir als Leitfaden und als künftige Inspiration dienen. Sie basiert auf unseren eigenen Erfahrungen mit Bikepacking, Randonnéees und Ultradistanzrennen.


Was Du hier nicht findest, ist ein allgemeingültiger Trainingsplan, mit dem Du perfekt vorbereitet auf die lange Distanz gehst. Wir geben Dir aber Hinweise, worauf Du achten kannst. Denn grundsätzlich ist die Vorbereitung eine sehr individuelle Angelegenheit. Schon nur die Zeit fürs Training kann massiv variieren. Entsprechend unterschiedlich musst Du sie nutzen.

Klar ist aber auch, dass Du Dich nicht nur körperlich, sondern auch mental vorbereiten solltest. Die mentale Komponente kann den entscheidenden Unterschied ausmachen, ob Du die Distanz schaffst und in welchem Zustand. Klar, wenn Du Dich für die Ultradistanz entschieden hast, bist Du motiviert. Dazu braucht es aber auch noch den starken Willen, sich auftretenden Problemen zu stellen und auf dem Bike zu bleiben.

Gewöhnung

Für Neulinge empfiehlt es sich, längere Fahrten mit niedriger Intensität zu absolvieren. So kannst Du Dich mental und körperlich daran gewöhnen, einen oder mehrere Tage im Sattel zu verbringen. Zudem spürst Du schon, wie sich die Haltung auf dem Bike und der langanhaltende Druck an den Kontaktstellen auf Dein Wohlbefinden auswirken. Jetzt sind Korrekturen noch möglich. Unterwegs helfen Gespräche mit anderen Fahrer*innen oder Monologe, wenn Du alleine bist, sowie autogenes Training in den Pausen. Sie entspannen und lenken von allfällig auftauchenden Problemen ab. Und im besten Fall kommst Du in den Flow: Du gehst komplett in der Situation auf und kannst, ohne darüber nachzudenken, das Optimum abrufen.

Einen Vorteil bringt es Dir auch, wenn Du die Strecke und deren Profil vorab studierst: Wann kommen die Anstiege? Wie lange sind sie? Wo kann ich mich erholen? Wo gibt es Verpflegungsmöglichkeiten? Und bei mehrtägigen Events: Wo kann ich schlafen? Hotel oder Outdoor? Solche Überlegungen helfen mental. Du unterteilst dabei die Distanz in kleinere Segmente und weisst, wann Du wo was machst. Es ist Dein Renn- oder Fahrtplan – von dem Du immer noch wegen Unvorhergesehenem abweichen kannst.

Leistung

Und damit zur Vorbereitung des Körpers, dem Training. Es gibt zwei Philosophien: «Ultradistanz fährt man einfach» versus «Entscheidend ist die strikte Einhaltung des individuellen Trainingsplans». Die erste Haltung kommt vor allem von Männern, die nach der Fahrt längere Zeit leiden, das aber zu verheimlichen versuchen. Die zweite Haltung entspringt dem Anspruch, alles richtig machen zu wollen. Es kann mental hilfreich sein, wenn Du weisst, dass Du alles gemacht hast, um am Tag X körperlich bereit zu sein. Es kann aber auch extrem frustrieren, wenn dann äussere Umstände verhindern, dass Du Deine Topleistung abrufen kannst.

Wir bevorzugen einen Mittelweg. Denn am Ende soll die lange Distanz auch noch Spass bereiten, sei es als Brevet oder als Rennen. Für den Mittelweg genügen eigentlich drei Einheiten pro Woche. Davon sollten zwei kurz (bis zu 1,5 Stunden), aber intensiv sein (z.B. mit Intervallen oder Anstiegen). Eine soll länger (3,5 bis 5 Stunden) sein, dafür im Grundlagenbereich, also eher flach. Neulinge dürfen auch zwei längere Einheiten an aufeinander folgenden Tagen einplanen, um sich an die Distanzen zu gewöhnen. Generell empfiehlt sich ein gleichmässiger Aufbau mit immer längeren Distanzen. Die Ziele sollten dabei erreichbar sein, weil sich sonst Frust aufbaut. Und falls Du einmal eine Distanz doch nicht schaffst, ist es hilfreich, die Gründe zu kennen, um an ihnen zu arbeiten. Wichtig ist auch, dass Du innerhalb der 30 Minuten nach Deinem Training etwas isst. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Teil der Erholung, auf den wir gleich noch einmal kurz zurückkommen.

Erholung

Zuerst aber noch die grosse Frage, wie die Intensität zu messen ist. Dafür bieten sich verschiedene Varianten an:

  • RPE (Rate of perceived exertion) bezeichnet, wie Du die Anstrengung wahrnimmst. Die am häufigsten verwendete Skala reicht von 1 (nicht anstrengend) bis 10 (maximal anstrengend). Mit ein bisschen Übung kannst Du Deine Leistung relativ gut einordnen. Auf Strava ist das zum Beispiel möglich. Die RPE ist natürlich subjektiv.
  • Die Herzfrequenzmessung ist objektiver und quantifizierbar. Über den Brustgurt oder die Uhr erhältst Du Deine Herzfrequenz und weisst, in welchem Bereich Du gerade trainierst. Der Grundlagen-Eins-Bereich (GA1) liegt zwischen 65 und 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Den brauchst Du für die langen Fahrten. Das mag manchmal langweilig wirken, hilft Dir aber in allen anderen Bereichen.
  • Die Wattmessung am Pedal gibt Dir noch besser an, wie viel Du leistest. Damit bekommst Du eine grosse Konsistenz in Dein Training und verbesserst Dich rasch.

Stärker wirst Du durch die Kombination wirksamer Reize und notwendiger Erholung. Wahoo bietet eine umfangreiche und gut kombinierbare Produktpalette, die Dein Training unterstützt. Sie besteht unter anderem aus GPS-Device, Herzfrequenzmessung und Indoor-Trainingsgerät. Hier musst Du entscheiden, wie präzise Du Deinen Leistungsfortschritt nachvollziehen willst. Oder ob Du Dir auf Strava ein Segment aussuchst und schaust, wie sich Deine Zeit entwickelt.

Kraft

Schliesslich geht es – vor allem in Ultradistanzrennen – darum, die persönliche Schwellenleistung anzuheben und die Ermüdung hinauszuschieben. Das kannst Du zum Beispiel trainieren, indem Du über längere Distanzen und viele Stunden pedalierst, Dich dabei nicht verausgabst und am Schluss noch ein paar Anstiege oder Intervalle anhängst.

Auf dem Rennrad sind die Intervalle ein wenig länger als im Lauftraining. Es gibt verschiedene Varianten, die Du ausprobieren kannst, um die für Dich richtige zu finden. Hier ein paar Beispiele:

  • 4 x 8 Minuten bei 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz, dazwischen jeweils 4 Minuten Pause
  • High-Intensity-Intervall-Training (HIIT), also bei 100 Prozent Intensität – oder «all out» fahren. Dies 6 x 30 Sekunden wiederholen mit jeweils 30 Sekunden Pause. Das ist zwar ein extrem hartes Training, braucht aber wenig Zeit. Studien konnten ausserdem nachweisen, dass sich der Körper ähnlich anpasst wie bei langen Grundlageneinheiten. So hart, solltest Du aber nicht zu oft trainieren.
  • Eher für Fortgeschrittene ist das Training des Österreichers Christoph Strasser, dem mehrfachen Gewinner des Race Across America. Grundsätzlich geht Strasser entweder voll im Training oder er nimmt es gemütlich. Am Anfang einer Trainingsphase absolviert er 4 x 4-Minuten-Intervalle bei 100 Prozent. Innert zwei Monaten steigert er dann zu 4 x 16 Minuten. Das macht er aber auch nur einmal pro Woche.

Das ist lediglich eine kleine Auswahl. Im Internet finden sich zahlreiche weitere Varianten und selbstverständlich auch ganze Trainingspläne. 

Zum Schluss kommt noch das, was die wenigsten Rennradfahrer*innen gerne hören: Das Krafttraining ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Dabei geht es aber nicht um dicke Waden, sondern um einen stabilen Rumpf. Planks, Rumpfbeugen, Beckenheben und ähnliche Übungen helfen massiv, auf längeren Fahrten beispielsweise Rückenschmerzen zu vermeiden.

Du siehst, es gibt viele Möglichkeiten, Dich auf die lange Distanz vorzubereiten. Am wichtigsten ist aber, dass Du Dich nach jedem Training gut erholst. Denn zwischen den Einheiten passt sich der Körper an die Intensität an. Und vor dem Event solltest Du die Belastung rechtzeitig herunterfahren, um möglichst erholt an den Start zu gehen.

 
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