O&G Round trip (IV)

«Pässe, Pässe, Pässe!» Das scheint das grosse Credo vieler Rennradfahrer*innen zu sein. Dagegen ist auch grundsätzlich gar nichts einzuwenden. Es gibt aber auch schöne Alternativen, die steil, anspruchsvoll und schweisstreibend sind. Gemeint sind Sackgassen – sei es in Tälern oder auf bewirtschafteten Alpen. Ihr Vorteil: meist wenig Verkehr und häufig tolle Naturerlebnisse. OBST&GEMÜSE präsentiert Dir in loser Folge solche Alternativen.

Lai da Nalps (41,6 km/1160 hm)

Für diese Sackgasse starten wir im bündnerischen Dorf Disentis, über dem das mächtige und altehrwürdige Benediktinerkloster thront. Alternativ kannst Du auch ab Andermatt über den Oberalppass (plus 23 km/640 hm) fahren oder bereits weiter unten im Rheintal losrollen, sei es Ilanz (plus 38 km/860 hm) oder Chur (plus 72 km/1450 hm). Es empfiehlt sich, ein graveltaugliches Bike zu nehmen, da sonst das letzte Stück kaum zu fahren ist. 

Wir haben uns also für die «gemütliche» Variante in der Surselva entschieden. Los geht es vom Bahnhof Disentis durch das im Kern gut erhaltene Dorf bergauf gegen Westen. Über die architektonischen Auswüchse des Tourismus sehen wir hinweg. Auf der Passstrasse Richtung Oberalp geht es zuerst sanft aufwärts. Leider ist sie meist stark befahren. Nach rund 4 km biegen wir deshalb links ab nach Mumpé-Tujetsch um auf die rechte Seite der Strasse zu gelangen. Ab dem kleinen Dörfchen führt ein Weg der Bahnlinie entlang. In Sedrun fahren wir noch einmal ein kurzes Stück auf der Hauptstrasse bevor wir links runter sausen. Über die Vorderrheinbrücke geht es in den langen Aufstieg. Durch den Weiler Surrein erreichen wir den Taleingang Richtung Lai da Nalps.

Felsen und üppige Natur

Die ersten 3 km sind angenehm ansteigend. Die Strasse zeigt aber erste Anzeichen von Verfall, teilweise spriesst das Gras. Kurz vor dem kleinen Tunnel zieht die Steigung kräftig an. Der Tunnel ist unbeleuchtet – und stockdunkel. Es ist also von Vorteil, unabhängig von der Tageszeit ein Licht dabei zu haben. Sonst gibt es einen kurzen Blindflug. Nach dem Tunnel beginnen die 11 Kehren mit durchschnittlich 10 Prozent Steigung. Wir fahren an Felsen und der üppigen Natur entlang. Dabei bieten sich immer wieder schöne Ausblicke Richtung Vorderrhein. Bevor wir die letzte Kehre in Angriff nehmen, machen wir einen kurzen Abstecher zur Staumauer. Von dort aus sehen wir bereits unser Ziel.

Nach der letzten Kehre oben angekommen, verlassen wir den holprigen Asphalt. Grober Schotter, Betonplatten und aufgerissener Teer wechseln sich nun ab und die Konzentration gilt den 10 Metern vor dem Vorderrad. Zunächst geht es noch einmal runter, das Tempo lässt sich aber nicht geniessen wegen Rinnen, Schlaglöchern und Pfützen. Dem See entlang fahren wir weiter nach hinten im Tal, wo der Weg wieder ordentlich ansteigt. Menschen begegnen wir seit dem Tunnel nicht mehr, was sich irgendwie unwirklich anfühlt. Vereinzelt sehen wir parkierte Autos ohne die zugehörigen Personen. Es ist – abgesehen von unserem Rollgeräusch – still. Das Gefühl, völlig allein zu sein, breitet sich aus. Nicht unangenehm, aber ungewohnt.

Das berühmte Mass

Unser Ziel ist dort, wo der Weg in eine Senke geht, die ordentlich mit Wasser gefüllt. Der Weg führt zwar auf der anderen Seite noch einige Meter weiter. Die sparen wir uns aber.

Auf dem Rückweg müssen wir vor allem bergab aufpassen. Das Gefälle verleitet zur rasanten Fahrt, gleichzeitig ist der Belag nicht der beste. Hier geht es um das berühmte Mass zwischen Laufenlassen und dosiertem Bremsen. In Surrein machen wir noch einen kurzen Abstecher zum schön gelegenen Badesee, um abzukühlen. Danach geht es auf der breiten Hauptstrasse zurück nach Disentis.