Going the Distance: Was es für den Erfolg bei Paris-Brest-Paris braucht

09 August 2023・story
Going the Distance: Was es für den Erfolg bei Paris-Brest-Paris braucht

Das Schönste am Radfahren ist die Freiheit. Zu fahren, wohin mensch will. Seine körperlichen und mentalen Grenzen auszuloten. Die Serie «Going the Distance» soll Dir als Leitfaden und Inspiration für die Zukunft dienen. Sie basiert auf unseren eigenen Erfahrungen mit Bikepacking, Randonnées und Ultradistanzrennen.


Die 20. Ausgabe von Paris-Brest-Paris steht an. Ab dem 20. August starten fast 7000 Teilnehmende vom Pariser Vorort Rambouillet nach Brest und zurück. Sie alle haben bewiesen, dass sie für diese Herausforderung bereit sind. Die erforderlichen Brevets über 200, 300, 400 und 600 Kilometer haben sie erfolgreich absolviert und sich damit qualifiziert. Nun aber geht es auf die doppelte Distanz des längsten Brevets. Das ist allein schon mental eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Im besten Fall haben sie weiter trainiert, wissen, wie sie sich unterwegs ernähren müssen und ihr Bike ist ebenfalls vorbereitet. Ausserdem wissen sie inzwischen, was sie für eine solche Tour brauchen.

Und dann kommt der grosse Tag: Eine leicht nervöse Anspannung liegt über dem Startgelände. Fragen jagen durch den Kopf: Bin ich wirklich bereit? Hätte ich noch mehr tun müssen? Ist das Bike optimal eingestellt und gewartet? Was, wenn … ? Und so weiter und so fort. Doch spätestens nach dem Start ist die Anspannung verflogen. Was aber braucht es unterwegs, um die Herausforderung zu meistern?

Wenig Risiko

Es gilt, möglichst rasch in den eigenen Rhythmus zu kommen und vor allem nicht zu schnell loszulegen. Die Starter*innen der ersten Wellen fahren meist im Renntempo und einigermassen rücksichtslos. Hier gilt für all die «normalen» Fahrer*innen, die «nur» die Prüfung bestehen wollen: Nicht anstecken lassen, sondern die eigene Pace finden. Und vor allem so wenig Risiko wie möglich eingehen. Wer am Anfang stürzt, hat kaum noch Chancen, die Fahrt rechtzeitig zu beenden.

Hilfreich ist es, wenn mensch sich bereits vorab eine Strategie für die Fahrt zurechtgelegt hat. Nach welchen Distanzen kommen die grösseren Pausen? Zu welcher Zeit sollen diese Punkte erreicht sein? Wo soll es Powernaps geben? Wo kurze Erholungsphasen? Längere Schlafpausen an den Checkpoints in den grossen Hallen? Oder unterwegs in einer Garage, die an der Strecke von Privaten zur Verfügung stellen? Oder einfach spontan am Strassenrand? Und wie lange sollen diese Pausen sein? Selbstverständlich muss mensch unterwegs flexibel bleiben. Denn nur selten lässt sich alles planen. Als zusätzliche Hilfe kann ein Roadplan dienen, mit Checkpoints, den Distanzen dazwischen sowie der zurückgelegten Gesamtdistanz. Diesen Roadplan kannst Du aufs Oberrohr oder die Oberrohrtasche kleben. Ein kurzer Vergleich zwischen Gerät und Roadplan zeigt Dir dann schnell, wo Du Dich gerade auf der Strecke befindest.

Schlafentzug

Sicher ist, dass es unterwegs zu wenig Schlaf gibt. Den Schlafmangel haben die Teilnehmenden allerspätestens auf dem 600-Kilometer-Brevet kennengelernt. Sie wissen also, wie sie darauf reagieren. Sich dagegen zu wehren, bringt nichts. Im Wissen darum, dass er vorübergehend ist, ist er auch leichter zu ertragen. Unterstützend sind eine ausreichende Ernährung und Begleitung, mit der mensch sich unterhalten kann. 

Da der Schlafentzug unumgänglich ist, sind erholsame Schlafphasen umso wichtiger. Was es dafür braucht, ist sehr individuell. Es ist aber definitiv nicht so, dass mensch wegen des Entzugs und der Anstrengung in einen absoluten Tiefschlaf fällt. Dafür läuft zu viel entlang der Strecke. Deshalb ist der Entscheid für die Schlafgelegenheit wichtig. Ausserdem helfen Ohropax oder eine Schlafmaske, äussere Einflüsse zu minimieren.

Essen

Auf dem Weg an die Atlantikküste und zurück gibt es Möglichkeiten, sich Energie zuzuführen. An den Checkpoints sind Kantinen mit einer reichhaltigen Auswahl für alle Ernährungsweisen und zu erschwinglichen Preisen. Es lässt sich abwechslungsreich und nahrhaft essen. Aber Vorsicht: Es kann sein, dass die Meute vor Dir den Checkpoint geleert hat und erst am kommenden Tag wieder Essen zur Verfügung steht. 

Zwischen den Checkpoints stehen in vielen Orten Fans und Zuschauende am Strassenrand ‒ Paris-Brest-Paris ist ein Volksfest im Vier-Jahres-Rhythmus. Häufig bieten Private auch noch Verpflegung an. Hier ist die Auswahl aber sehr viel kleiner, manchmal reicht es auch nur, um das Bidon mit Wasser aufzufüllen. Für den Notfall gibt es auch noch Supermärkte und Tankstellenshops entlang der Strecke. Wichtig ist einfach die stete Zufuhr von Energie ‒ zum Beispiel auch wegen kalter Nächte, die trotz der Jahreszeit möglich sind. So sank die Temperatur während der letzten Austragung zeitweise auf vier Grad ab. Ein Notvorrat an Riegeln kann also nie schaden.

Eigentlich selbstverständlich, aber trotzdem noch der Hinweis: Vergewissere Dich, dass Du ein Navigationsgerät mit der vorinstallierten Route und genügend Strom mitbringst. Die Route ist zwar wirklich gut markiert, aber vereinzelt fehlen Schilder. Sie sind beliebte Souvenirs, auch wenn die Rennkommission die Demontage streng ahndet. Und Du willst ja nicht vom Weg abkommen und Zusatzkilometer abspulen. 

Pflege

Viel Zeit bleibt zwar nicht, trotzdem verlangt auch der restliche Körper Pflege. Wohl am stärksten beansprucht ist die Haut am Hintern. Es ist sinnvoll, eher zu viel als zu knausrig Sitzcreme aufzutragen. Schmerzen lassen sich zwar auch so kaum vermeiden, aber sie kommen später und sind weniger heftig. Ausserdem hilft ein wenig Stretching den beanspruchten Muskeln, sich zu entspannen und zu erholen. Dabei den Oberkörper und den Nacken nicht vergessen. Durch die lange gleich eingehaltene Position kann es zu Verspannungen kommen.

Und zu guter Letzt: Vergiss nicht, Spass zu haben! Es ist eines der beeindruckendsten Radrennen der Welt mit Menschen aus allen Ländern. Bewundere die Landschaft, lass Dich anfeuern, schliesse unterwegs Freundschaften und sei stolz, wenn Du es geschafft hast.

 
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